on my way.

heute besuche ich mal wieder meine oma. seit über einem vierteljahr haben wir uns nicht gesehen. und nur sporadisch gesprochen. am telefon.
ich habe ein schlechtes gewissen deswegen. des öfterern habe ich angerufen, und gesagt ich käme demnächst mal vorbei. nie ist etwas daraus geworden.
heute hat sie geburtstag. sie hat mich eingeladen. was wünscht man einer alten verängstigten witwe?
erst jetzt – während ich den letzten satz schrieb – wird mir richtig bewußt, daß mein opa vor über einem jahr starb. meine oma ist nicht “alleine” wie wir immer sagen, sie ist witwe. okay, über das alleinsein habe ich mir schon viele gedanken gemacht. aber was es bedeutet verwitwet zu sein, ist mir noch nicht durch den kopf gegangen.
hm. diese erkenntnis macht es nicht leichter, meine oma zu besuchen.
was soll ich ihr wünschen?
ein langes leben? sie ist allein. das macht wenig sinn.
viel gesundheit? das verlängert auch nur die zeit, die sie allein zuhause rumsitzt.
glück? das impliziert, daß ich ihr dabei helfen könnte. irgendwie. kann ich aber nicht.
spaß? okay, das kommt auch nicht wirklich in frage.

ich könnte vielleicht den eindruck erwecken, als möge ich meine oma nicht. das ist nicht der fall.
ganz im gegenteil. ich mache mir häufig und viele gedanken um sie. aber sie ist in ihrem letzten lebensabschnitt. da vermengen sich meine verlustängste mit der liebe und achtung für sie.
das äußert sich in dem wunsch nach ehrlichkeit. aber wenn ich ehrlich bin, habe ich angst sie zu verletzen, denn auch über das sterben habe ich viel nachgedacht. und es ist nun mal keine spaßige angelegenheit. zumindest nicht im common sense.

der zug kommt gleich an.
ich muß los.