Wie schreibt man komische Sachen ?

 

Schreiben ist ganz einfach. Du mußt nur so lange auf ein blankes Stück Papier starren, bis dir die Stirn blutet.

Ich halte es für geradezu lächerlich schwierig. Ich setze alles daran, es wenn irgend möglich zu vermeiden. Allein die Aufgabe, neue Bleistifte zu besorgen, verschlingt gigantische Energien. Ich besitze vier Schreibprogramme und verbringe eine Menge Zeit damit, mir zu überlegen, welches ich nehmen soll. Allen Schriftstellern, jedenfalls den meisten, fällt das Schreiben schwer, aber fast alle wundern sich darüber, wie schwer es mir fällt.

Beim Schreiben werde ich gewöhnlich sehr depressiv. Es kommt mir vor, als würde das Schreiben immer mit irgendwelchen Krisen, die mein Leben erschüttern, zusammenfallen. Früher dachte ich immer, diese Krisen hätten einen schlechten Einfluß auf den Schreibprozeß; heute bin ich fast davon überzeugt, daß diese Krisen erst dadurch ausgelöst werden, daß ich mich zum Schreiben hinsetze. Auf diese Weise verarbeite ich einen Haufen Probleme in den Büchern. Natürlich spielt sich das mehr oder weniger unter der Oberfläche ab und dringt nicht direkt bis in persönliche Sphären vor, aber es ist vorhanden, wenn auch nicht ausdrücklich.

Ich bin kein Schlauberger. Einem Schlauberger fällt immer sofort etwas Witziges ein. Einem humoristischen Schriftsteller fällt erst zwei Minuten oder später etwas sehr Witziges ein oder, wie in meinem Fall, erst gut zwei Wochen später.

Ich glaube sowieso nicht, daß ich ein ernsthaftes Buch schreiben könnte. Früher oder später würden sich Gags einschleichen. Dabei halte ich Humor für ein sehr ernstes Geschäft; sobald du an etwas arbeitest, mußt du es absolut ernst nehmen, dich voller Leidenschaft hinein stürzen. Aber das hält man nicht lange aus, wenn man nicht völlig überschnappen will. Deshalb äußere ich mich anderen Leuten gegenüber meist ziemlich flapsig, wenn es um diese Thema geht. Ich bin immer heilfroh, wenn ich's hinter mir habe, dann sage ich: Sind nur ein paar Witze, sonst nichts. Das erleichtert ungemein.

In der letzten Zeit gehe ich oft so vor, daß ich eine, sagen wir mal, unzusammenhängende Idee für einen guten Gag habe, und mir dann unheimlich viel Mühe gebe, um das Umfeld zu schaffen, in dem der Gag dann so zur Geltung kommt, als wäre es einfach ein glücklicher Einfall an der richtigen Stelle gewesen, obwohl ich die ganze Vorgeschichte einzig und allein auf diesen Gag ausgerichtet habe. Das ist ziemlich anstrengend, aber solange es funktioniert....

Die Sachen, die so nebensächlich und launisch wirken, sind meist am schwierigsten hinzukriegen. Die Anfangssequenz von Das Leben, das Universum und der ganze Rest beispielsweise, damit bin ich sehr zufrieden. Da stecken sie auf der prähistorischen Erde fest und finden sich plötzlich auf dem Lord's Cricket Ground wieder, bloß weil sie einem Sofa über eine Wiese nachgerannt sind. Das klingt alles sehr unzusammenhängend und unlogisch, und doch habe ich diese Stelle immer und immer wieder umgeschrieben, so oft, daß ich beinahe durchgedreht wäre, bis ich endlich die richtigen Zutaten beisammen hatte, um die gewünschte Atmosphäre von, na, nennen wir's mal: wundersamer Inkonsequenz zu gestalten. Nur so konnte ich am Ende dieses langen Abschnitts mit den Worten auftrumpfen: "Plötzlich befanden sie sich mitten auf dem Spielfeld des Lord's Cricket Ground in St. John's Wood, London; Australien lag in Führung, und England mußte sich mächtig anstrengen, wenn es das Spiel noch gewinnen wollte" ( den genauen Wortlaut kenne ich nicht auswendig). Da ich nun einmal diesen Satz am Ende des Kapitels zünden wollte, mußte ich vorher den ganzen Kram entwickeln, also Ford, der aus Afrika zurückkommt und erzählt, was er dort erlebt hat, nämlich nichts herausragend Erfreuliches, und wie er dann versucht, das ganze Kuddelmuddel und die Strudel im Raum-Zeit-Kontinuum zu erklären (was wirklich ein blöder Witz war, aber auch blöde Witze sind erlaubt), und dann das Sofa und so weiter und so fort.

Das alles war wirklich notwendig, damit ich am Schluß mit dem Knaller kommen konnte: Zack! Plötzlich sind sie ganz woanders, denn wenn man so etwas bringt, ohne vorher die richtige Stimmung dafür geschaffen zu haben, dann funktioniert's einfach nicht. Es hätte nicht ausgereicht, wenn sie einfach auf wundersame Weise irgendwohin transportiert worden wären; es mußte just in diesem Augenblick passieren, gerade dann, als sie es am wenigsten erwarten.

Ein Effekt wie dieser muß sorgfältig arrangiert werden. Oftmals weiß man nicht, wie man es anstellen soll, man tappt völlig im Dunkeln und weiß nicht, wo man nach was suchen soll, um an den gewünschten Punkt zu gelangen. Und gerade wenn man sich in Gefilden bewegt, in denen (angeblich) alles möglich ist, muß man besonders vorsichtig sein.

Ich finde, falls ich überhaupt über eine schriftstellerische Qualität verfüge, dann ist es die, solche Gefahren zu erkennen und einigermaßen gut damit umzugehen, und wenn ich eine Schwäche zugeben müßte, dann ist es die, daß ich nicht immer so gut damit umzugehen vermag, wie ich mir das wünsche.

Jedenfalls fand ich die Stelle, wo sie mitten auf dem Spielfeld auftauchen, deswegen so gut, weil ich wußte, daß ich ein Mordsproblem so gut gelöst hatte, daß der Leser überhaupt nicht merkt, wie er von einer Handlung in eine völlig andere katapultiert wird. Der Leser hat das Gefühl: "Das ging ja butterweich. Gerade waren wir noch dort, und jetzt sind wir plötzlich hier." Du mußt ganz schön herumtüfteln, damit es einem am Schluß so butterweich vorkommt.

         Douglas Adams, 1984

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