Brückentechnologie

Ich habe heute auch mal einen dieser neuen fleischlosen Burger gegessen. Wenn sie schon bei den großen amerikanischen Burgerketten im Angebot sind, ist die Beschaffung auch relativ einfach.

Hm. Was soll ich sagen.
Der Burger war im Vergleich zu anderen Burgern der Kette nicht schlecht. Vielleicht sogar ein bisschen besser, weil man wusste, dass kein Tier sondern nur Menschen dafür ausgebeutet wurden.
Aber so im Großen und Ganzen drängt sich mir der Vergleich zum Elektroauto auf.
“Ja, es ist besser als der Vorgänger. Aber es löst die Probleme nicht. Es fühlt sich so ein bisschen nach Zukunft an, ist es aber bei genauerem Hinsehen nicht wirklich. Höchstens eine Art … Brückentechnologie.”
Es ist ein Schritt in die richtige Richtung, aber ohne die alten Brücken hinter sich abzureißen.
Also Auto und Burger.

Schuss ins Knie

Ich wohne seit über 9 Jahren in der gleichen Wohnung in Berlin und habe zum ersten Mal eine Mieterhöhung bekommen.
Auf Nachfrage warum, erklärte die Vermieterin, dass sie seit Anfang 2019 den nachfolgenden Mietern meine Miete mitteilen müsse und gegebenenfalls eine Mieterhöhung beim Mieterwechsel rechtfertigen müsse. Daher sei es wirtschaftlich nicht zu verantworten, meine Miete unverändert zu belassen. Die Erhöhung für die nächstmögliche Periode hat sie gleich mündlich mit angekündigt. Ja, ich zahle jetzt ~400€ für 45m² warm. Das mag für viele lächerlich wenig sein. Aber alte Mietverträge waren bisher auch ein Bestandsschutz der effektiv gegen Gentrifizierung geholfen hat. Das ist jetzt wohl vorbei.
Es ist erstaunlich wie umfassend komplex Gesetze und ihre Auswirkungen sein können. Was immer man anfasst kann nur scheitern, solange es einer Marktlogik unterworfen ist und auf Gemeinwohl ausgerichtet sein soll.

mein #35c3

Mein Congresserlebnis war toll. Ich war zum fünften Mal da. Da. Zu Hause.
Diesmal habe ich mich als Mentor gemeldet um Neulingen den Congress zu erklären.
Für die Neulinge gibt es eine ToDo-Liste, um sie etwas zu Leiten, wenn sie vor lauter Eindrücke nicht mehr wissen was sie machen sollen.
Analog dazu habe ich aufgeschrieben, was ich gemacht habe.

Ich habe …

  • Im Bällebad mit Laptop gesessen
  • Ein digitales Mikroskop aus RasPi und 3d-gedruckten Teilen erklärt bekommen (OpenFlexure)
  • Mit einem Bobbycar eine Rampe hinab gesaust – drei Mal. Huiii!
  • Schiffeversenken auf einem Netzwerk-Switch gespielt
  • Einen mündlichen Bugereport abgegeben
  • Einen Gutschein für Wurst gefunden und eingelöst
  • An einer digitalen Slot-Machine einen weiteren Wurstgutschein erspielt
  • Neulingen den Congress erklärt (via Chaospatinnen als Mentor)
  • Den Mentee in einer Engelsschicht an Tag 4 wieder getroffen
  • Einen verbotenen Bereich betreten
  • Mit lustigen fremden Leuten abgehangen
  • Mit Bekannten getroffen und unterhalten
  • Holgi getroffen und mit ihm gesprochen
  • Ein Framework für Kisten aus Lasercutter-Sperrholz ausprobiert (bckspc.de/boxes.py)
  • Leuten beim Löten geholfen
  • Ein hochbegabtes Kind getroffen und eingeschüchtert gewesen
  • Aufkleber gesammelt
  • Am künstlichen Lagerfeuer gechillt
  • Der Chaos.Social-Mastodon-Instanz beigetreten
  • BottleDropPoint-Füllstände gemeldet
  • In einem Baumhaus gesessen
  • Zu Musik getanzt
  • Im Discodrama “was Leckeres” getrunken
  • Ein kooperatives Spiel mit Körpereinsatz gespielt und gewonnen: Leuchtpunkte elektrisch miteinander verbinden
  • Auf einem Sofa eingeschlafen
  • Jemanden zum Lachen gebracht
  • Auf einem Drum-Sampler zusammen mit anderen Leuten Musik gespielt
  • Auf einem kleinen Haus gestanden
  • Barcodes eingescannt
  • Mit Engeln gesprochen
  • Mit dem Fahrstuhl von ganz oben nach ganz unten gefahren und die Aussicht genossen
  • Eine Mate an einen Fremden verschenkt
  • Fernseher-Interferenz Installationen manipuliert
  • Eine Tesla-Spule gesehen und Ozon gerochen
  • In einem digitalen Kaleidoskop gesessen und gespielt
  • Schlieren-Fotografie erklärt bekommen (Luftdichte-Veränderung)
  • Ein SIP-/DECT-Telefon eingerichtet und jemanden angerufen
  • Den traurig trötenden Fahrradschlauch bemitleidet
  • Die Vergangenheit einer anderen Person betrachtet während die eigene Gegenwert aufgezeichnet wurde
  • Fliegen als Quelle für Zufall identifiziert
  • Gekichert als die Entropie abnahm, weil die Fliegen starben
  • Einen zellulären Automaten verändert
  • Für einen Newsletter angemeldet
  • Meine Factorio-Fabrik erklärt
  • Etwas Geld gespendet
  • Viel Mate getrunken
  • Ein Photo mit Leuten gemacht und dabei auf Privatsphäre und Einverständnis geachtet
  • Fremde Flaschen und Müll Weg geräumt
  • Einen nicht öffentlichen Einblick bekommen
  • Ein Namensschild gedruckt
  • Leute überrascht
  • Das Datum vergessen
  • Auf das kaputte Web-Backend zweier Installationen zugegriffen
  • Über Verschwörungstheorien gelacht (“Birds aren’t real – they are government surveillance drones.”)
  • Über Verschwörungstheorien nachgedacht (“this sentence is false. – no completely descriptive and internally consistent axiomatic set exists”).
  • Mich im Hotel über das langsame Netz gewundert und mich dann erinnert, dass das nur auf dem Congressgelände ordentlich funktioniert
  • Einen Ärger aufgeschrieben und gegen einen anderen am AngerExchangePoint getauscht
  • Einen BoneConduction Kopfhörer auf einem Kopf entdeckt, Erfahrungberichte ausgetauscht und ausprobiert. Ist geil werde ich kaufen.
  • Zum ersten Mal einen kleinen Schalter im Kabel hinter einem Steckernetzteil gesehen. Macht das Gerät stromlos ohne, dass man den Stecker ziehen muss.
  • Habe einen Elektro Roller ausprobiert und war begeistert (Xiaomi X365).
  • Beim Abbau geholfen.
  • Während des Abbaus einen grandiosen Moscow Mule bekommen
  • Eine fremde Engel-Badge getragen, die Martin Sonneborn signiert hat
  • Ein kostenloses Engel-Essen bekommen
  • Jemanden auf einem Elektroroller fahren gesehen, der einen Palettenwagen zieht, auf dem eine Palette lag, auf der eine Person saß
  • Mein Pfandglas an eine Person hinter mir in der Warteschlange verkauft
  • Mate gefunden
  • Eine Massenvernichtungswaffel vom WOC bekommen
  • Die Songs “Hardcore Vibes” und “No Limit” beim Waffelessen gehört. \m/
  • Eine geheime Holzhütte zwischen Containern gefunden. Es gab Musik und Sofas.
  • Das Lost & Found nach einer (nicht meiner) verlorenen Jacke befragt
  • Ein paar LED-Konfettis gefunden
  • Einen Roller ausgeliehen bekommen und zurück gegeben

Ein Nachschlag zum Influencer-Marketing.

Aus Sicht eines Internetlebewesens können diese Influencer nicht lesen und schreiben – in dem Sinne, dass sie die grundsätzlichen Voraussetzungen für Kommunikation im Internet noch nicht erlernt haben. Sie sind nicht in der Lage eine Internetseite zu hosten um ihre Bilder irgendwo hoch zu laden. Stattdessen sind sie auf eine App angewiesen, die das für sie erledigt. Sie können keinen Photoshop-Klon benutzen um ein Wasserzeichen auf ihre Bilder zu machen. Sie sind auf eine App angewiesen. Und weil sie immernoch kein Photoshop benutzen können, sind sie auch noch auf eine App angewiesen um ihre Pickel zu retuschieren.
Natürlich, weil ihnen jemand gesagt oder gezeigt hat, dass man mit sechzehn Jahren hässlich ist, wenn man Pickel hat.
Und hinter jeder dieser Single-Purpose-Apps steckt ein Geschäftsmodell. Effektiv kostenlos ist keine davon. Auch wenn die “Apps für die Hilflosen” nicht immer Geld kosten mögen, irgendwas von Wert wird immer verlangt. Das kann auch so etwas Unzählbares wie “geschäftliche Abhängigkeit“, “Verbleib in der Unmündigkeit” oder “die Option auf einen Upsale” sein.

Aus Sicht eines Internetlebewesens sind die breite Masse der Influencer hilflose bzw. hilfsbedürftige Menschen. Die macht man nicht zum Ziel seines Geschäftsmodells. Also man kann schon, aber dann ist man halt ein unmoralischer Mensch und es benötigt einen gesellschaftlichen Konsens für Sanktionen. Oder irgendeine Lösung die mit kaputten Kniescheiben zu tun hat. Da lasse ich mit mir verhandeln.

Darüber hinaus betreibt man mit dem Influencer-Marketing kaum etwas anderes als technologiegestützte Esoterik. Esoterik im etymologischen Sinne einer undurchsichtigen Geheimwissenschaft. Die Algorithmen, Methoden und AGBs der SocialNetworks sind weder einsehbar noch verständlich oder arbiträr. Googel selbst sagt, sie optimieren ihre Algorithmen auf die Verhinderung von Sekundäroptimierung durch SEO.
Eine ganze Generation von Jugendlichen auf Kaffeesatzleserei der black boxes der drei großen Internetkirchen FAG (“Facebook Amazon Google” – no pun intended) zu dressieren ist ebenso unmoralisch. Sätze wie “sei authentisch dann bekommst du Follower in deiner werberelevanten Zielgruppe” will ich nie wieder hören!

So laut wie wir damals über Neuland gelacht haben, so sehr blieb uns das Lachen auch Halse stecken, wenn wir heute etwas genauer darüber nachdenken.

Es braucht Emanzipation gegenüber der modernen Werkzeuge. Emanzipation in einem Sinne, dass man weiß, dass man nicht von der Pickel-Retuschier-App abhängig ist, wenn sie ihre AGBs, Bezahlmodelle oder Preisstrukturen ändert. Aber auch Emanzipation gegenüber den Internetkirchen. Wenigstens die Erkenntnis, dass die SocialMediaInfluencer-Lebensgrundlage die man sich da gerade unter Aufgabe jeglicher Würde aufbaut, am seidenen Faden hängt, sollte jedem dauerhaft präsent sein, der sich auf diese Höhle der Löwen Insel der Sirenen begibt.

Eine Analogie aus den 90er Jahren: Um man einen IKEA-Schrank zu kaufen muss man nicht selbst ein Schreiner sein. Aber man sollte wenigstens Holz- von Metallschrauben unterscheiden können.

Die Goldgräberstimmung und der Wilde Westen im Internet wird eines Tages enden. Und ohne grundsätzliches Wissen über die Verwendung der einfachsten Werkzeuge, werden die Influencer-Stars von heute zum Prekariat von morgen. Gefangen in, hilflos gegenüber und abhängig von den seelenlosen Maschinenkonzernen der Zukunft.

Reitanweisung: *bedrohliches Donnergrollen am Horizont*

Frei nach Kant und Marx: Das Proletariat hat nichts zu verlieren als die Ketten seiner selbstverschuldeten Unmündigkeit.
Das war damals so wahr wie heute.

onedimensional motivational structure

I consider myself a socialist. Half of my childhood I grew up in the GDR. After first ten years of my life the country merged with “West-Germany” to become what is today known as Germany.

While showering today I was thinking about my university’s lectures for e-marketing. The following thought emerged: “What I despise in capitalism is its one-dimensional motivational structure.”

Explanation: Everything in capitalism seems to focus on accumulation of wealth.
Sure, you’re free to set your own goals. But you have to be free to do so. Free from fulfillment of every days necessities. In my experience: to achieve such a state of mind you have to have acquired some wealth and are to be crushed by a crisis. A crisis in a broader sense, like the death of a loved one or a depression.

Furthermore by setting your own goals you are in no way required to diverge from the majority. If you’re a simple person you could come to the conclusion that acquisition of wealth is the meaning of life and live a happy life thereafter.

I grew up with a different glimpse at the meaning of life. I’ve never accustomed to the “get-rich-attitude” and I’m still estranged to it.

So. In what kind of society do I want to live? I don’t know for sure.
Perhaps in one where it is acceptable to work for a greater good without being rewarded through wealth.
Perhaps in a society where personal wealth isn’t desirable.
Perhaps in a society where the rules for success cannot be gamed so easily because “winning” is not a goal.
Perhaps in a society where we do care for the costs of “winning”. Currently humanity is consuming a great proportion of its substrate just to fuel the individual fight for wealth.
Perhaps I’m just a bit annoyed in struggling for a high-score I can’t possibly achieve, while so many positive alternatives lie discarded in a corner.

For myself I found this purpose in maintaining public infrastructure. But secretly I hope others could choose a similar path.

Note: While forging this thought to this presentable form it dawned me that the game Factorio does not have a currency. I spent a substantial amount of time in-game.

Exclusion: I’m aware that – to my knowledge – all socialist and communist societies have been authoritarian and therefore had some very despicable aspects. This is not what i want to discuss here. Authoritarianism is not a necessity for a primarily social society. (Godwin in … 3 … 2 … 1)